SHAL: Anwendung beim Cashgame

Wir werden zwei Beispiele durchrechnen, und in beiden Situationen mit den gleichen Karten, nicht aber mit der gleichen Ausgangslage am Tisch, spielen. Jede andere Ausgangslage erfordert unter Umständen andere Entscheidung. Beim Pokern sollte man nie blind callen oder folden, auch wenn die Situation auf den ersten Blick sonnenklar scheint. Versuche zuerst immer, alle Aspekte einer Situation zu erfassen, und dann erst zu entscheiden!

Beispiel 1a

Wir spielen No Limit Texas Hold’em an einem Shorthanded Cashgame Tisch mit Blinds 1$ und 2$, mit folgender Situation.

  • Spieler A: 100$
  • Spieler B (Du): 100$
  • Spieler C: 100$
  • Spieler D: 100$
  • Spieler E: 100$ (Small Blind 1$ wird noch gesetzt)
  • Spieler F: 100$ (Big Blind 2$ wird noch gesetzt)

Spieler A limpt. Du weißt noch nicht viel über den Tisch, aber Spieler A scheint oft unabhängig seiner Position zu limpen. Deine Karten sind: JJ. Du entscheidest dich für einen aggressiven Raise auf 10$ um Spieler A, der gerne viele Flops sieht, zu isolieren und nach dem Flop Position auf ihn zu haben. Spieler C, D und E folden, Spieler F geht All-In!!! Wow, damit hast du nicht gerechnet. Ein klarer Overbet (übertriebene Erhöhung) von Spieler F, denn er erhöht um das Zehnfache deines Einsatzes, was eher unüblich ist. Spieler A foldet schnell. Spieler F kennst du etwas besser, da du schon einmal eine solche Session gegen ihn gespielt hast. Er geht oft mit guten Händen preflop All-In, wenn schon einiges im Pot liegt. Durch das Limpen von A und deiner Erhöhung sind schon 12$ im Pot, dazu die Blinds von 3$ ergibt schon einen anständigen Pot von 15$. Bei kleinen Blind Levels sind Overbets oft ein Anzeichen dafür, dass dein Gegner keine ‹Made Hand› wie AA oder KK hat. Es deutet viel eher auf eine Hand wie AK und ‹Angst vor dem Flop› hin. Spieler F ist ein guter Spieler, er macht solche Moves durchaus auch mal mit AA oder KK um nicht durchschaubar zu werden, er kann aber auch mal mit AQs oder QQ pushen.

Wir grenzen seine Hände ein auf AA, KK, QQ, JJ, AKs, AKo oder AQs. Achtung, bei JJ ist nur noch eine Kombination möglich, da du selber auch JJ hast. Es muss dementsprechend gewichtet werden. Mit unserem Wundertool Pokerstove ermitteln wir in Windeseile die Equity in dieser Situation. Sie liegt bei 38.383%. Das weitere Vorgehen ist einfach. Jetzt müssen wir die Pot Odds berechnen. Im Pot liegt nun 2$ des Limpers, 10$ von deiner Erhöhung, 1$ des Small Blinds und 100$ des All-In Raisers. Damit sind 113$ im Pot. Du musst 87$ bezahlen, um zu callen. Dies ergibt Pot Odds von 87 zu 113. In Prozenten ausgedrückt: 43.5 %.

Die Pot Odds sind höher als deine Equity. Du musst folden!

Beispiel 1b

Genau gleicher Ablauf wie bei Situation A, nur hat Spieler F, der All-In geht nur 40$ mit an den Tisch gebracht. Die Equity der Situation bleibt die Gleiche, aber die Pot Odds sind anders. Im Pot sind nun 53$ und du musst noch 27$ bezahlen, um mitzugehen. Die Pot Odds sind somit 27 zu 53 oder in Prozenten ausgerechnet 33.75 %. Da die Pot Odds nun kleiner sind als die errechneten Odds, musst du in dieser Situation callen!

Dieses Beispiel zeigt schön auf, warum es wichtig ist, mit genügend Geld an einem Cashgame Tisch zu sitzen. Mit 100$ am Tisch, kann Spieler F dich zu einem Fehler bewegen. Mit nur 40$ kann er dich nicht zu einem Fehler zwingen.

Dasselbe Prinzip kann angewendet werden, um in Turnieren den erwarteten Gewinn gewisser Situationen zu ermitteln. Bei Sit & Gos und Multitable Turnieren muss aber noch das Independent Chip Model berücksichtigt werden. Je näher am Bubble (Erreichen des Preisgelds bei einem Turnier) man ist, desto wichtiger wird das ICM.